Verstärkerprinzip – Zwischen Belohnen, Bestrafen und echter Motivation
Shownotes
In dieser Folge des Podcasts «Bildungsreise» spricht Damian mit Joëlle Gut, Psychologin, Dozentin und Gründerin der Plattform Erziehungskosmos, über das Verstärkerprinzip – also über die Frage, wie sich Belohnungen und Bestrafungen auf die Motivation von Kindern auswirken und welchen Platz sie heute in Erziehung und Schule haben.
Joëlle erklärt, dass das Verstärkerprinzip aus dem Behaviorismus stammt – der Idee, dass Lernen durch Reize und Reaktionen geschieht. Wer gelobt wird, wiederholt ein Verhalten; wer negative Konsequenzen erfährt, vermeidet es. Gemeinsam sprechen Joëlle und Damian über die klassische Konditionierung nach Pawlow und die operante Konditionierung nach Skinner – und übertragen diese Prinzipien auf den heutigen Schulalltag: Kinder lernen nicht nur durch Strafe oder Lob, sondern im Zusammenspiel von Erfahrung, Beziehung und innerer Motivation.
Im Gespräch wird deutlich: Strafen können kurzfristig wirken, verändern aber selten langfristig Verhalten. Oft entstehen sie aus Hilflosigkeit oder Überforderung, etwa im hektischen Unterrichts- oder Familienalltag. Joëlle empfiehlt, in solchen Momenten nicht im Affekt zu reagieren, sondern ruhig zu bleiben, das Verhalten zu verstehen und Kinder aktiv in Lösungen einzubeziehen. Partizipation, also das Mitgestalten von Regeln und Konsequenzen, fördert die Einsicht und Akzeptanz – vorausgesetzt, Kinder werden nicht überfordert und die Grenzen bleiben klar.
Auch Belohnungen werden kritisch beleuchtet. Sie setzen Glückshormone frei, wirken kurzfristig motivierend – können aber zu Abhängigkeit und Druck führen, besonders bei Kindern, die alles perfekt machen wollen. Entscheidend ist, nicht die Leistung, sondern die Anstrengung anzuerkennen und Lob individuell und ehrlich zu gestalten. Positive Verstärkung wirkt langfristiger, weil sie auf Beziehung und Selbstwirksamkeit aufbaut, nicht auf Kontrolle.
Während der Folge erzählen Kinder, was ihnen mehr hilft – Belohnungen oder Bestrafungen – und welche Systeme sie in der Schule kennen.
Ein besonderes Augenmerk gilt den Belohnungs- und Bestrafungssystemen in Schulen. Viele Klassen arbeiten mit Token-Systemen und erhalten Punkte, Sterne oder Murmeln – gut gemeint, aber oft problematisch: Solche Systeme können schnell Unfairness erzeugen, weil immer dieselben Kinder profitieren oder verlieren. Joëlle und Damian diskutieren die Vor- und Nachteile dieser Modelle – und wie sie Motivation, Beziehung und Selbstverantwortung beeinflussen.
Zum Schluss geht es um die Motivation an sich: Echte, intrinsische Motivation entsteht nicht durch Druck oder Belohnung, sondern durch Beziehung, Vertrauen und Sinn. Belohnungen und Strafen können eine Starthilfe sein – doch entscheidend ist, dass Kinder lernen, aus sich selbst heraus handeln zu wollen.
Eine erkenntnisreiche Folge über alte Muster, neue Wege und die Kunst, Kinder zu stärken, ohne sie zu steuern. Eine Reise für alle, die Kinder auf ihrem Lebensweg begleiten.
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Die Musik wurde speziell von Singer/Songwriter Tobias Jensen für diesen Podcast komponiert.
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